Warum Widerspruchslösung?

Die Widerspruchslösung gilt in den meisten anderen europäischen Ländern. Sie ist mit dafür verantwortlich, dass dort die Wartezeiten auf postmortal gespendete Organe und die Fälle von Tod auf der Warteliste weit geringer sind als bei uns.

Wichtige Vorteile der Widerspruchslösung sind:

  • Es gibt weniger Fälle von Menschen, die letztlich ohne Organentnahme bestattet werden – obwohl sie der Transplantationsmedizin positiv gegenüberstehen und bereit sind zur postmortalen Organspende.
  • Für die Hinterbliebenen ist die Situation am  Bett des Sterbenden oder bereits Verstorbenen erheblich leichter, wenn sie wissen, dass ihr Verwandter einer Organentnahme widersprochen hat – oder es nicht getan hat, obwohl er es hätte tun können.
  • Es gibt weniger Fälle von Mutmaßungen über den Wunsch des Verstorbenen – und weniger Tote auf der Organ-Warteliste.

Gegen die Widerspruchslösung werden v.a. zwei Argumente vorgebracht:

  1. Die Widerspruchslösung allein überwindet nicht die bei uns mittlerweile eingetretene und sich seit etwa 10 Jahren verschärfende Misere.
    Das ist korrekt. Aber das behaupten wir auch nicht. Wir fordern begleitend weitere Reformen (auf der Krankenhausebene, Herz-Kreislauf-Stillstand, Register für Überkreuzspende).

  2. Im Rahmen  einer Widerspruchslösung könnte es geschehen, dass jemand, der nach dem Tod keine Organe spenden will, es versäumt, den Widerspruch in der dafür vorgesehen Weise zu dokumentieren und es ebenfalls versäumt, die Verwandten von seiner ablehnenden Haltung  zu informieren.
    In einem solchen Fall könnte die Widerspruchslösung dazu führen, dass jemandem nach dem Tod Organe entnommen werden, obwohl der Verstorbene das nicht wollte.

So argumentiert z.B. Ex-Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe. Und er hat recht. Die Schlussfolgerung ist korrrekt. Zwar ist der Fall sehr hypothetisch, aber er könnte tatsächlich eintreten.

Die Frage ist nur: muss dieser Fall unbedingt verhindert werden?  Besteht ein Recht darauf, dass der Mensch vor der Konsequenz seines eigenen Versäumnisses, den Widerspruch anzumelden, geschützt wird? Für wie mündig (oder unmündig) darf eine Gesellschaft (die Regierung, ein Minister Gröhe) ihre Mitbürger halten? Wie wichtig ist jemandem sein Nein zur eigenen postmortalen Organspende, wenn er die Möglichkeit, diese Haltung zu bekunden, nicht nutzt? Welche Rolle müssen bei diesen Abwägungen die durch die Widerspruchslösung vermiedenen Toten auf der Warteliste  spielen?

Der Verein “Gegen den Tod auf der Organ-Warteliste” nimmt die klare Haltung ein:

Die geretteten Menschenleben auf der Warteliste sind ein entscheidendes Argument. Dagegen hat die Vermeidung eines Falles wie oben beschrieben – äußerst selten, hypothetisch und von jedem Menschen durch eigenes Handeln verhinderbar –  ethisch kaum Gewicht.

Eine Alternative zur Widerspruchslösung

Die Widerspruchslösung  gilt zwar in den meisten Ländern Europas, aber das besagt noch nicht, dass  sie in Deutschland durchsetzbar ist. Wir versuchen, bei  der Durchsetzung mitzuhelfen. Aber man muss auch über Alternativen nachdenken.

Eine mögliche Alternative besteht in der Weiterentwicklung der geltenden Entscheidungslösung, und zwar so, dass der jetzige Spenderausweis – in Form einer Scheckkarte aus Papier oder Plastik – ersetzt wird durch die elektronische Registrierung der Bürger, die zur postmortalen Organspende bereit sind. Zugriff auf diese Datenbank hätten nur Not- und Krankenhausärzte. Die Vorteile wären:

  • Die Entscheidung ist klar und dokumentiert. Eine Spenderkarte wie jetzt kann nicht mehr verloren gehen oder unleserlich sein, wenn es darauf ankommt.
  • Die klare und dokumentierte Entscheidung ist auch für die Hinterbliebenen eine Erleichterung.
  • Im Unterschied zur Spenderkarte kann bei der elektronischen Registrierung das Datum der positiven Entscheidung erfasst werden. Das wiederum könnte einmal von Bedeutung werden, sollte zukünftig der Empfang eines Organs von einer früheren Entscheidung zur postmortalen Spende abhängig gemacht werden (Modell Israel). 
  • Dieses letztere Modell würde bedeuten: mehr gegenseitige Verantwortung, mehr Fairness, weniger Tote. Dennoch: wir propagieren dieses Modell nicht.

Finanzielle Unterstützung

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Eine Mahnung von 1970 (!) -- leider immer noch angebracht

"Bei der Organtransplantation muss die Gesellschaft letztlich eine harte Entscheidung treffen: Vorrang für das Leben oder für Tabus?"

Jesse Dukeminier Jr.

Persönlich betroffen

Die Interessen der persönlich und familiär vom Organmangel Betroffenen -- auch die der zukünftig Betroffenen -- finden politisch nur unzureichend Gehör. Durch Bildungsarbeit, Aufklärung und gute Argumente setzen wir uns für Reformen ein, die allen nützen.